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Alt 01.10.2007, 16:51   #5
bluedog
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Ich bin zwar kein Mechaniker. Aber ich kann euch versichern, dass der Neue Cuore eine Wandlerüberbrückung hat. Die hat schon der L251 und es würde mich echt wundern, wenn das nicht schon die Vorgänger hatten...

Also etwas genauer: Ein herkömmliches, Drei- oder vierstufiges Automatikgetriebe hat eine Wandlerüberbrückung. Diese fehlt nur in der 1. Stufe, je nach Getriebebauart und -übersetzung auch in der 2. Stufe. Beim Cuore L251 ist (nach dem Fahreindruck jedenfalls) schon die 2. Stufe mit Überbrückung ausgestattet.

Die Wandlerüberbrückung ist nichts anderes, als eine Kupplung. Diese sitzt auf einer Welle, die den Wandler umgeht. ist diese Kupplung geöffnet, dann arbeitet der Wandler, und es gibt die beobachteten Drehzaländerungen, ohne dass sich die Geschwinddigkeit entsprechend ändert. Ist die Wandlerüberbrückungskupplung geschlossen, so dreht der Wandler fast leer, und die Kraft fliesst via Überbrückungswelle und -kupplung auf die Räder. In diesem Bereich korrespondieren Drehzahl und Geschwindigkeit weitestgehend. Das ist vor allem bei konstanter Geschwindigkeit so.
Wenn man nun Beschleunigt, so öffnet sich die Überbrückungskupplung, und die Kraft des Motors wird auf das Pumpenrad im Wandler geleitet. Dieses Dreht sich im Hydrauliköl des Getriebes (=ATF=Automatic Transmission Fluid) Das sich drehende Pumpenrad versetzt das sich im Wandlergehäuse befindliche ATF in Bewegung. Da dieses Öl eher dickflüssig ist (hohe Viskosität) Versetzt es das dem Pumpenrad gegenüberliegende Turbinenrad in Drehung. (Bei modernen Automatikgetrieben befindet sich zwischen Pumpenrad (motorseits) und Turbinenrad (antriebsseitig) noch ein Leitrad, das die Strömungsrichtung und -winkel des ATF optimiert und so den Wirkungsgrad erhöht. Dieses Turbinenrad wiederum Sitzt auf der Eingangswelle eines Planetengetriebes mit (im Falle des Cuore L251 oder L276) vier Stufen und den nötigen Freiläufen. Des weiteren umfasst das Getriebe auch noch eine Bandbremse, welche die Motorbremswirkung beim Handschaltergetriebe simuliert, wenn man (bergab) manuell zurückschaltet. Wer genau hinhört, kann ihr Fauchen hören...

Beim beschleunigen also tritt der Wandler in Aktion, und die gemessen an der Geschwindigkeit überhöhte Motordrehzahl erklärt sich aus Dem Drehzahlunterschied zwischen Pumpen- und Turbinenrad des Wandlers. Sobald hier die Drehzahlunterschiede wieder klein genug sind, schliesst die Steuerelektronik (oder Steuerhydraulik, so genau weiss ich das nicht) die Überbrückerkupplung wieder, und die Kraft des Motors gelangt wieder ohne Wandlerverluste an die Hinterräder. Dass die Wandlerüberbrückung trotzdem nicht den Wirkungsgrad eines Handschaltergetriebes erreicht, liegt einerseits daran, dass die Überbrückerkupplung eher klein ausgelegt ist, um Gewicht und Platz zu sparen. Andererseits dreht sich das Pumpen- wie auch das Turbinenrad auch bei vollständig geschlossener Überbrückerkupplung mit. Das braucht Energie, verhindert aber auch andererseits, dass es stört, wenn die Wandlerüberbrückungskupplung mal überfordert ist. Schlupf an dieser Kupplung kann so der Wandler quasi übernehmen.

Soweit ich weiss, wird beim Cuore nur die 1.Stufe nicht überbrückt. Die ist aber auch wirklich nur zum Anfahren da. Sobald genügend Geschwindigkeit erreicht ist, wird in die Zweite Stufe geschaltet, in der die Wandlerüberbrückung aktiv wird.

Da ich kein Mechaniker bin und die Technischen Daten nicht zur Verfügung habe, weiss ich allerdings nicht, ab welcher Drehzahl genau sich in den jeweiligen Stufen die Überbrückungskupplung schliesst.

Zu sagen bleibt noch, dass die Getriebestufen des Planetengetriebes geschaltet werden, indem die Getriebesteuerung die jeweils einer Getriebestufe zugeordnete Kupplung öffnet und praktisch zeitgleich diejenige der nächsten angeforderten Stufe schliesst. Es steht für jede Stufe jeweils eine Eigene Kupplung zur Verfügung, die die Passenden Wellen (und die Auf ihnen sitzenden Zahnräder) rotieren lässt, und andere an Bewegung hindert. Das erklärt, warum ein Automatikgetriebe den Kraftfluss auf die Räder nie komplett unterbricht, sondern sogar während des Schaltvorgangs noch Kraft überträgt. Daher der Beschleunigungsvorteil an der Ampel.

Zusätzlich steht je nach Fahrzustand die Überbrückerkupplung offen oder wird geschlossen. So lässt sich Kraftstoff sparen, wenn die Geschwindigkeit und die Gaspedalstellung annähernd gleich bleiben, indem man den Wandler überbrückt, oder es lässt sich der Wandler bei Steigungen oder beim Beschleunigen als Drehmomentstütze einsetzen. Denn wenn die Überbrückungskupplung offen ist, kommen automatisch einige Pumpenradumdrehungen mehr vor, als das Turbinenrad macht. Das heisst auch: Der Motor dreht schneller, als es der aktuell anliegenden Getriebestufe bei dieser Geschwindigkeit entspricht. Das hat den gleichen effekt wie eine schleiffende Kupplung beim manuellen Getriebe: Es kommen mehr Arbeitstakte der Zylinder auf eine Radumdrehung. Der Anzug des Autos wird also kräftiger. Man erkauft sich das mit Wandlerverlusten und höherer Drehzahl, was auch mehr Kraftstoffverbrauch mit sich bringt.

Ach ja: Es gibt zwei verschiedene Bauarten von Planetengetrieben vor vierstufige Automatik, die sich durchgesetzt haben. Beide brauchen, wenn ich mich recht erinnere, zwei Planetenradsätze, um die Vier Übersetzungsstufen zu realisieren...
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