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Alle Fahrwiderstände, ob das nun Rollwiderstand, Luftwiderstand oder die Masseträgheit beim Beschleunigen oder Bergauffahren oder was auch immer sind, lassen sich als Widerstandsmoment am Rad darstellen, und gegen dieses Widerstandsmoment arbeitet der Motor mit seinem Drehmoment. Was dabei zählt, ist auch nichts anderes, es geht nur um das Moment.
Aber jetzt kommt das Wichtigste. Es ist ein Getriebe zwischengeschaltet, welches es erlaubt, Drehzahl und Drehmoment gegenläufig zueinander anzupassen. Allein aus der Drehmomentkurve kann man keinen günstigen Schaltzeitpunkt ableiten, weil natürlich nicht ersichtlich ist, welcher Punkt besser ist, hohe Drehzahl und niedriges Moment oder niedrige Drehzahl und hohes Moment. Um das gleich auf einen Blick zu sehen, dazu gibt es die Leistungskurve. Dort sieht man sofort, ob es etwas bringt, den niedrigeren Gang noch drin zu lassen oder nicht.
Machen wir ein einfaches Beispiel. Ein Einliter-Ottomotor habe eine Nennleistung von 50kW bei 6000/min. Der Begrenzer liege bei 7000/min, dabei leiste der Motor noch 40kW. Das maximale Drehmoment von 100Nm liege bei 3000/min an. Umgerechnet ergibt das 80Nm bei 6000/min, 55Nm bei 7000/min und 31kW bei 3000/min. Bei 3500/min können wir 98Nm bzw. 36kW annehmen.
Leistung und Drehmoment stehen übrigens folgendermaßen in Beziehung zueinander: Leistung (P in Watt) = 2 x Pi x Drehzahl (n in 1/Sekunde) x Moment (M in Newtonmeter)
Jetzt kommt das Getriebe. Der zweite Gang sei genau doppelt so lang übersetzt wie der erste (bei Vierganggetrieben nichts Ungewöhnliches), also sinkt mit dem Schaltvorgang die Motordrehzahl um die Hälfte ab, gleichzeitig verringert sich die Momentenverstärkung um den Faktor 2. Nehmen wir der Einfachheit halber ein Übersetzungsverhältnis von 4 im ersten und 2 im zweiten Gang.
Schaltet man bei 6000/min vom ersten in den zweiten Gang, fällt die Drehzahl auf 3000/min ab, und mit ihr die Leistung von 50kW auf 31kW. Das Motormoment steigt zwar von 80 auf 100Nm an, wird aber vom Getriebe statt um den Faktor 4 nur um den Faktor 2 vestärkt. Am Getriebeausgang kommen statt 320 nur noch 200Nm an. Der Wandler kann eventuell noch eine Winzigkeit rausholen, aber in diesem Betriebsbereich nicht mehr diese Menge. Der Fall ist klar, der Schaltvorgang kommt viel zu früh!
Jetzt die Probe mit dem spätestmöglichen Schaltvorgang, bei 7000/min. Danach liegen dann 3500/min an. Das Motormoment steigt von 55 auf 98Nm an, nach dem Getriebe ergeben sich 220 bzw. 196Nm. Jetzt kommen wir dem Optimum schon näher, das Moment vor dem Schaltvorgang ist fast auf den Wert abgefallen, der nach dem Schaltvorgang erreicht werden kann. So lange am Ende, nach Getriebe!, das höhere Moment anliegt, beschleunigt das Auto im entsprechenden Gang schneller. Alles entscheidend ist das Moment am Getriebeausgang, nicht das Motormoment.
Damit die Umrechnung mit den Momenten entfallen kann, wird einfach die Leistung angegeben, denn die ändert sich durch das Getriebe nicht (abgesehen von den Verlusten im Getriebe durch den Wirkungsgrad <1). Sie vereint schließlich beide vom Getriebe veränderten Größen. So lange die Motorleistung vor dem Schalten noch höher ist als sie nach dem Schalten wäre, muss der Gang gehalten werden (sofern es der Motor verträgt). Die 40kW bei 7000/min sind ohne Zweifel höher als die 36kW bei 3500/min und erst recht als die 31kW bei 3000/min.
In den höheren Gängen, wo die Übersetzungssprünge in der Regel nicht mehr so groß sind, Drehzahl und Leistung nach dem Schalten also nicht mehr so stark abfallen, kann es dann anders aussehen, das kommt auf den Einzelfall an. Außerdem spielt natürlich die Motorcharakteristik eine Rolle. Je nachdem, wie der Drehmoment- und damit der Leistungsverlauf ist, ergeben sich unterschiedliche optimale Schaltpunkte. Generell ist der optimale Schaltpunkt aber immer! jenseits der Nenndrehzahl, das ergibt sich zwangsläufig aus den obigen Überlegungen.
Das Ganze berücksichtigt natürlich nur den Aspekt der maximalen Beschleunigung, aber nichts anderes erwarte ich beim Kickdown. Dass der Motor bei diesen Drehzahlen wesentlich ineffizienter läuft, überproportional mehr Sprit braucht, mehr Lärm macht und der Verschleiß höher ist, ist klar, aber wenn ich schon den Wunsch nach maximaler Beschleunigung zum Ausdruck bringe, muss mir das klar sein. Ob es im Sinne des Reisekomforts und der Spritersparnis vielleicht angemessener ist, den höheren Gang zu nehmen und dafür auf etwas Beschleunigung zu verzichten, ist Sache des normalen Fahrprogramms, der Kickdown darf darauf keine Rücksicht nehmen. Deswegen betone ich nochmals den Unterschied zwischen Vollgas und Kickdown.
Eine einzige Sache ist hierbei noch nicht berücksichtigt, und das ist, dass die Momentenangaben statische Werte sind, also bei unveränderlicher Motordrehzahl gemessen werden. Wird der Motor beschleunigt, muss er natürlich neben dem Auto auch seine eigene Drehmasse beschleunigen, was wiederum das abgegebene Moment reduziert, also auch die Beschleunigung des Fahrzeugs. Bei sehr großen Motoren hat eine besonders kurze Getriebeübersetzung deshalb keinen Sinn. Ein VW V10 TDI beispielsweise braucht schon in Leerlaufstellung des Getriebes bei Vollgas geschätzte zwei Sekunden, um nur sich selbst von 1000 auf 4000/min zu beschleunigen. Dabei gibt er gar kein Moment ab, braucht die gesamten 750Nm maximal abrufbaren Drehmoments nur für sich allein. Jede Fahrzeugbeschleunigung, die mit einer Motordrehzahlerhöhung von 1000 auf 4000/min verbunden ist, muss dann also zwangsläufig länger als 2 Sekunden dauern, egal, wie kurz das Getriebe übersetzt ist. Denn nur, wenn der Motor langsamer beschleunigt, oder besser gesagt "am Beschleunigen gehindert wird", gibt er überhaupt ein Moment ab, welches dann wieder der Fahrzeugbeschleunigung zur Verfügung steht. Das Getriebe muss in seiner Übersetzung also entsprechend abgestimmt werden, damit der Motor überhaupt in dem Bereich betrieben werden kann, wo er Moment abgibt.
So, ich hoffe, das war jetzt nicht zu abschweifend, das musste ich einfach mal klarstellen.
Grüße,
Thomas
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