Zitat:
Zitat von Dachs
ist ja fast eine frage gewesen , ich versuch es trotzdem : der reifen hat eine zentrale Aufgabe - die Sichere Verbindung zwischen mir ( verlängert durch eine Maschine ) und der Oberfläche eines kleinen unbedeutenden Planeten herzustellen - das kann ein weicher gummi viel viel besser als ein harter ,mit der begleiterscheinung der schnelleren abnutzung - weil eben weicher ! Oder ?
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Dem würd ich auch zustimmen. Nun kann man natürlich sagen, zuviel Abrieb ist nicht gut. Wie ungut, kommt aber vor allem auf den Verwendungszweck an. Wenn nun jemand wirklich viel Autobahn fährt, mag das stimmen. Dann sollte man sich einen verschleisstabileren Reifen zulegen, denn nicht jeder Winter ist so kalt und streng wie dieser.
Gehe ich aber von meinem - einem fast typisch schweizerischen Kleinwagen-Einsatzprofil - aus, so muss ich sagen, dass ich einem hohen Reifenverschleiss bei Winterreifen nichts negatives abgewinnen kann.
Ich wohne auf dem Land. Die nächste Autobahnauffahrt ist fast eine halbe Autostunde entfernt. Dementsprechend sieht der Wagen selten Autobahn. Bei mir aber dennoch regelmässig, weil ich eben nur diesen Wagen haben. Typischerweise sind aber Kleinwagen Zweit- oder gar Drittfahrzeuge. Man hat also für die Autobahn was "besseres". Dann ist die Höchstgeschwindigkeit nicht irgendwo zwischen 140 und 180km/h, sondern bei allerhöchstens 125km/h, es sei denn man will als Autofahrer Vater Staat finanziell unter die langen Arme des Gesetzes greifen... Die dann übrigens ganz sicher lang genug sind, um dem betreffenden, besonders fixen Autofahrer tief in die Taschen zu greifen. Diese geringere Geschwindigkeit reduziert den Verschleiss ganz erheblich. Denn weil bei der tieferen Geschwindigkeit die Fahrwiderstände wesentlich kleiner sind, wirken auch auf die Reifen sehr viel kleinere Kräfte. (Das zeigt eben, dass Deutschland als Sonderfall ohne generelles Tempolimit auf Autobahnen nicht unbedigt die Norm ist, nach der sich die Reifenhersteller für Winterreifen richten. Dementsprechend sind dann die Reifen zwar für sehr hohe Geschwindigkeiten zugelassen, zeigen dann aber auch entsprechenden Verschleiss.) Weiter fährt man in der Schweiz gewöhnlich nicht mehr als 15'000 bis 20'000km pro Jahr. Diese Fahrleistung teilt sich in der Regel auf Sommer- und Winterreifen auf. Dazu kommt, dass meist weniger als die Hälfte der Jahresfahrleistung auf die Winterreifen entfallen dürfte. Einfach deshalb, weil ein strahlender Frühlings- oder Sommertag eher zu einem Ausflug irgendwohin einlädt, als ein verschneit-eisiger Wintertag mit semi-arktischen Temperaturen. Unterstützt wird diese Tendenz noch dadurch, dass viele Leute sich im Winter und besonders bei Schnee nur noch auf die Strasse wagen, wenns wirklich sein muss, was auch in weniger Winter-km zu Buche schlägt. Wenn mehrere Fahrzeuge vorhanden sind, wird man zudem im Zweifelsfall eher zum grösseren und subjektiv als sicherer wahrgenommenen Fahrzeug tendieren, so dass der Kleinwagen eher stehen bleibt.
so gesehen werden die Allermeisten Winterreifen wesentlich weniger als 10'000km pro Jahr zu bewältigen haben, und nicht wenige sogar unter 5000km pro Saison.
Nun merkt man aber nach etwa vier bis spätestens sechs Jahren ein grosses Minus an Haftung, egal wie gut das Profil aussieht, einfach nur, weil der Reifen altert. Auch dort sind allerdings die weicheren Reifen tendentiell im Vorteil...
Nun ist es ein ganz simples Rechenspiel, bis man drauf kommt, dass sehr viele überalterte Winterreifen in Gebrauch stehen dürften. Denn die minimal vorgeschriebenen 3mm Profiltife sind auch nach mehr als sechs Jahren immer noch vorhanden... und da man nun mal sparen muss, werden die Reifen also weitergefahren, bis irgendwann mal das fahrverhalten wirklich beängstigend wird.
Hätte man einen etwas höheren Verschleiss, wäre der ein oder andere Winterreifen eine oder zwei Saisons weniger lange in Gebrauch, es gäbe entsprechend weniger überalterte Reifen, bzw. man müsste nicht Reifen mit unter Umständen fast neuwertigem Profil in die Tonne treten, und man hätte im Gegenzug die Vorteile eines Weicheren Reifens, die gerade im Winter manchmal den guten vom schlechten Winterreifen unterscheiden.
Alles in allem könnten sehr viele Autofahrer eigentlich nur davon profitieren, ohne dass die Nachteile ins Gewicht fielen. Nämlich die Autofahrer mit einer Jahresfahrleistung, die in etwa Durchschnittlich ist, sowie alle die die darunter liegen.
Nachteile hat dieses Konzept nur für Vielfahrer, die das aber mit anderen Vorteilen überkompensieren können*, und durch die weicheren Reifen darüber hinaus auch noch die genannten Vorteile hätten.
*Vielfahrer sparen meist bei der Wartung, weil Verschleissteile wie Auspuff, Bremsen und Kupplung mehr km verkraften, die Fixkosten auf mehr km umgelegt werden können, und somit pro km geringer ausfallen, sowie dadurch, dass sie (und oft NUR sie) die je nach Hersteller sehr langen Serviceintervalle voll ausnutzen können.
@Dachs: Gratuliere zu der Nobelpreisverdächtigen Formulierung!