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Alt 10.11.2016, 13:38   #18
Nuri
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Standard Downspeeding

So,

bei dem Thema Hochschalten zum Spritsparen handelt es sich technisch um das, was in der Literatur als Downspeeding bezeichnet wird. Hierbei ist es Ziel den Streckenverbrauch zu senken, indem man die Motordrehzahl senkt.

Um die Aussage von Robert ein wenig zu differenzieren, muss ich dazu sagen, dass wir hier erst einmal nur den stationären Fall betrachten. Also Konstantfahrt bei beispielsweise 50km/h oder, wie im Kennfeld bei 120km/h..

Beachtet das angehängte Bild. Dargestellt ist ein Verbrauchskennfeld eines Verbrennugsmotors mit der Drehzahl auf der x-Achse und dem effektiven Mitteldruck (~Drehmoment) auf der y-Achse.

Das Kennfeld ist zu hohen Werten begrenzt durch das maximale Drehmoment des Motors (Volllastlinie).

Eingezeichnet sind Isolinien für den Verbrauch. Der geringste spezifische Verbrauch liegt bei etwa 3000rpm und 90% Mitteldruck (Drehmoment). Von dort aus steigt der Verbrauch in jede Richtung an. Achtung, es handelt sich um einen spezifischen Verbrauch. Also um den Verbrauch in Gramm pro kWh Arbeit. Oder anders: Es ist der Verbrauch pro Stunde pro 1kW Leistung. Es ist also nicht der Streckenverbrauch.

Da der Verbrauch pro abgegebene Leistung interessiert und wir konstant fahren (also die Fahrleistung gleich ist, egal welcher Gang gewählt ist), brauchen wir noch die Linien konstanter Leistung. Eine dieser Leistungshyperbeln ist eingezeichnet (für v=120km/h). Wenn wir den Gang wechseln wandern wir auf dieser Leistungshyperbel durch das Verbrauchskennfeld.

Es ist noch eine weitere Linie zu erkennen. Und zwar die Fahrwiderstandskurve für zwei verschiedene Gänge. Auf dieser Kurve bewegen wir uns, wenn wir in einem Gang (konstant!) fahren.

Das bedeutet nun konkret, dass wir in einem ersten Gang (A) bei 120km/h eine Drehzahl von 4000rpm bei 40% Last haben. Es handelt sich hierbei um den Schnittpunkt der Fahrwiederstandskurve mit der Leistungshyperbel.

Der abgelesene Verbrauch beträgt 125%.

Wenn wir nun hochschalten und den Gang B verwenden, landen wir auf der Leistungshyperbel auf jenem Punkt, welcher mit der Fahrwiderstandskurve B zusammenfällt.

Die Drehzahl sinkt auf 3000rpm und die Last steigt (!), aber die Motorleistung bleibt gleich.
Der Verbrauch sinkt hierbei auf 115%.

So, bis hierhin ist das ja alles ziemlich plausibel, wenn man keine weiteren Fragen mehr hat oder Roberts Einwände berücksichtigt.

Was ist nun wichtig hierbei?
Robert sagt, die Last steigt und somit der Verbrauch.
Stimmt, die Last steigt......und somit die Luftmasse und somit die Kraftstoffmasse......ABER....nicht pro Zeit sondern pro Zyklus.

Es steigt also nicht der Kraftstoffmassenstrom sondern NUR die Einspritzmenge. Der Motor dreht aber langsamer und somit wird seltener eingespritzt. Das ist eine sehr bekannte Stolperfalle. Verwechselt also bitte nicht den globalen Kraftstoffmassenstrom und die Einspritzmenge. Nur weil die Drosselklappe weiter geöffnet ist, heißt das nicht automatisch, dass (wegen der unterschiedlichen Drehzahl) der Luftmassenstrom und der Kraftstoffmassenstrom größer ist. Der Motor saugt halt nicht mehr so viel an, wenn er langsamer dreht.

Nächster Punkt: Beschleunigung.
Die mögliche Beschleunigung des Fahrzeugen ergibt sich aus dem Drehmomentüberschuss. Zu sehen im Diagramm auf der linken Seite. Ausgehend von der Fahrwiderstandskennlinie A haben wir bis zur Volllastlinie ein Drehmoment entsprechend des Beschleunigungsüberschusses 1. Das ist das Drehmoment des Motors, welches nicht für die überbrückung des Fahrwiderstandes gebraucht wird und daher direkt in die Beschleunigung geht.

Schalten wir hoch und sind in der Fahrwiderstandskurve 2, haben wir ein höheres Drehmoment bei geringerer Last für die Konstantfahrt. Bis zur Volllastlinie bleibt also nur noch der Beschleunigungsüberschuss 2 übrig (und wegen des höheren Ganges ist das Radmoment auch weniger, da längere Übersetzung).

Alles klar??

Immer her mit Euren Fragen.




EDIT:
Wichtiger Hinweis. Dies funktioniert natürlich nicht in unbegrenztem Maße. Denn, wenn ihr der Leistungshyperbel weiter zu niedrigen Drehzahlen folgt, werdet ihr feststellen, dass der Verbrauch irgendwann wieder ansteigt (im Beispiel bei etwa 2000rpm für 120km/h). Schaltet ihr also so weit hoch, dass ihr Euch der Volllastlinie nähert, wird der Verbrauch wieder ansteigen!
Dies ist die Einschränkung auf die Robert (so hoffe ich) hinweisen wollte.
Angehängte Grafiken
Dateityp: jpg Verbrauchskennfeld.jpg (52,1 KB, 13x aufgerufen)
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Geändert von Nuri (10.11.2016 um 13:45 Uhr)
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