Erfahrener Benutzer
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Ich will keine Grundsatzdiskussion anfangen, nur zum weiteren Verständnis meines Unverständnisses für den Aufreger über den Youtube-Mercedes-Menschen:
Der Wagen wurde sogar als Junger Gebrauchter gekauft, nicht mal neu. Auch geht er keinen Pseudo-Leasingrechnungen auf den Leim, die nur Sinn ergeben, wenn man das Geld für das Auto eigentlich nicht hat.
Ich finde die Kosten auch nicht wirklich überraschend. Klar, selbst habe ich eher zum 6 Zylinder Turbo gegriffen, da ich die Motoren persönlich lieber mag. Auch wurde zuletzt ein kleineres Modell gewählt, wo im Rahmen des "downsizing" der 8-Zylinder ohnehin eingestellt wurde.
Natürlich hat ab einem bestimmten Verdienst letzterer nichts mehr mit der realen Arbeit zu tun sondern beinhaltet sowohl die Marktlage als auch schlicht das Risiko, dass man wegen irgend einem Mist den Hut nehmen muss.
Wenn Du jetzt aber in der Konstellation 1. verlangst, man solle trotz guter Ausbildung und dem richtigen Wisch lieber Pfandflaschen sammeln gehen (irgendwelche halben Nummern gehen ja in der Praxis nicht, vor allem, wenn es jüngere gibt), dann kann ich das nicht nachvollziehen. Dann vernichtet man im übrigen auch Arbeitsplätze, wenn man sich deswegen den geliebten Benz (oder bei uns eher BMW) nicht kauft.
Ich halte das für absolut den falschen Ansatz.
So große Wahl hat man auch immer nicht.
Ich sehe es z.B. am Beispiel meines Vaters als ehem. "qualified person" und "Stufenplanbeauftragter" nach AMG.
Erst wurde er gekündigt, dann doch Altersteilzeit. Nachdem der 4. junge Nachfolger wegen Nervenzusammenbruch dauerkrank war, hat man die Altersteilzeit wieder rückabgewickelt, zwischenzeitlich lustige Pendelei zwischen HH und Konstanz. Als das dann nicht mehr ging, hat man ihn gebeten, sich selbständig zu machen und den Job so noch weiter zu machen, bis jemand Geeignetes gefunden ist. In der Zwischenzeit hat die Fa. 4x den Eigentümer gewechselt und es sind praktisch alle Kollegen über und unter ihm entweder rausgeflogen oder nach Konstanz gegangen, um da dann ein paar Jahre später zu fliegen. Nur dank der Ausbildung konnte er seinen Preis bestimmen und ein Büro in HH durchsetzen. Besser so und dann ordentlich Rabatt geben als von Anfang an tiefzustapeln und sich dann verarschen zu lassen.
Ich kann verstehen, dass er, zumal er Spaß an dem Job hatte und auch überzeugt war, überwiegend Produkte freizugeben, die der Menschheit nutzen, das Geld genommen hat, um jetzt keinerlei Sorgen zu haben. Und ja, Forschung im Arzneimittelbereich ist oft absurd teuer und das Geld wird teilweise mit anderen Produkten verdient, um andere querzufinanzieren. Da bleibt auch mal viel übrig, geht an anderer Stelle aber auch genauso schnell wieder weg. Teilweise hängen Großkonzerne gefährlich nur an einem Produkt, dass die Marge bringt.
Auch ist man als Individuum gerade in großen AGs nicht wirklich in der Lage, über die Gewinnverwendung zu entscheiden. Da macht es mehr Sinn, sich seinen Teil zu sichern und am Ende selbst zu entscheiden.
Wegen dieses Weges hat seine Freizeit über lange Strecken gelitten.
Es wäre für mich als Kind aber auch völlig i.O. gewesen, wenn er es anders gemacht hätte und früh in den Ruhestand wäre, vor allem in einem Beamtenhaushalt. Nicht verwunderlich ist, dass ich es in einer anderen Situation (eben kein Ehepaar von Nachkriegsflüchtlingen aus Ostpreußen, die alles verloren hatten) etwas anders halte und mehr Zeit in die Familie und ehrenamtliche Dinge investiere. Aber natürlich arbeite auch ich, schon wegen des guten Beispiels für die Kinder.
Wichtig ist für eine wirklich freie Gesellschaft ist doch, dass jeder möglichst die Wahl hat, sich weiterzubilden und viel oder wenig zu arbeiten. Vor dem Hintergrund der hohen Produktivität und der Tatsache, dass leider ein Großteil der Leute, die jeden Tag dasselbe machen wollen oder können, ohne weiter drüber nachdenken zu wollen, vom Markt nicht mehr gebraucht wird, bin ich auch für ein sog. bedingungsloses Grundeinkommen. Das darf aber nicht so hoch sein, dass es jeglichen Anreiz nimmt, sich so zu engagieren, dass die Gesellschaft vorankommt.
Das kann durch Tätigkeit in der Wirtschaft sein und Generierung entsprechender Kaufkraft oder andere gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit.
Ich denke, das Problem liegt weniger in den ungerecht verteilten Verdiensten als oft in der charakterlichen Unreife einiger Großverdiener im Umgang damit. Ganz einfach ist das nicht und auch z.B. eine Familie Gates hat Jahrzehnte gebraucht, um den für sie richtigen Weg zu finden.
Mir ist klar, dass es wohl in München (mehr als in HH) zu viele Leute gibt, die lieber (teilweise gar nicht vorhandenen) Reichtum sinnlos zur Schau stellen und damit z.B. in Automobilform sinnlos über die einschlägigen Straßen kutschieren.
Das täuscht aber über die erhebliche Zahl von Leuten hinweg, die ihr Geld auch sinnvoller einsetzen.
Und das fängt schon bei den kleinen Dingen an, wie z.B. der Tatsache, dass man in der Stadt, wenn man schon Auto fahren muss wegen gewissen Transportaufgaben, es auch ein Cuore tut und das teils mit größerem Spaßfaktor als mit der dicken Karre, weil das Auto leichter ist, in den Parklücken die Türen vernünftig aufgehen, etc.
Und ich bin da nicht alleine, der da so denkt.
Als ich bzw. meine Frau z.B. vom L701 3-Türer nackt wegen der Kinderanschnallerei auf L251 volle Hütte umstiegen bin, hat den L701 ein Justiziar einer mittleren Genossenschaftsbank gekauft, weil sein alter L701 durch war.
Und auch ich fahre zur Arbeit (ca. 100 km einfach Strecke) normalerweise mit einem Erdgas Mii (=VW Up) und nicht mit dem BMW.
Warum reagiere ich so emotional:
Ich habe mit dem Youtube-Menschen schon ein paar mal über die Kommentarfunktion gechattet. Der ist wirklich total nett und offen, "obwohl Ossi", die leider überproportional z.B. auf Kreuzfahrtschiffen negativ auffallen mit Meckerei.
Auch wenn ich den beruflichen Hintergrund nicht kenne, vermutlich irgendwo im Vertrieb, finde ich es blöde, den Leuten gleich zu unterstellen, sie verdienen ihr Geld auf nicht redliche Art und Weise (oder hätten es überhaupt selbst zu vertreten, das sie das Geld auf dem Konto haben).
P.S.
Außerhalb von D gehen viele auch nicht vermögende Leute deutlich entspannter (positiver) damit um, wenn andere Leute sich etwas leisten können und daran Spaß haben und das ggf. auch mit anderen teilen wollen.
Preisfrage:
Wäre z.B. das Phänomen Jay Leno in D in der Öffentlichkeit so möglich?
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