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Alt 16.03.2020, 08:46   #298
bluedog
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Nachtrag: Das von Dir beschriebene Gas geben und dann rollen lassen ist genau dass, was die Hypermiler unter den Priusfahrern generell empfehlen. Wenig überraschend, denn genau so hab ich auch den Wandlerautomaten des Cuore schon am sparsamsten gefahren. Man muss sich nur mal überlegen, dass die Beschleunigungsphase die ist, in der so eine Wandlerautomatik von altem Schrot und Korn, ohne elektronische Steuerung und mit Wandlerüberbrückung erst in den Stufen 3 und 4, kollossal ineffizient ist. Also halt zügig durch den Bereich durch und dann mit möglichst hoher Geschwindigkeit, gerade im Stadtverkehr möglichst lange und ohne oder mit ganz wenig Gas dahinrollen.


Der Toyota-Hybrid kennt sowas wie Leerlauf eigentlich nicht. Wo andere im Leerlauf Srit verdaddeln, macht der den Verbrenner aus. Wenn er aber an ist, ist da immer Last drauf, denn dann arbeitet der direkt mit dem Verbrenner verbundene MG1 als Generator, und das tut er umso besser, je höher die Drehzahl ist. Deshalb dreht der einmal angeworfene Verbrenner eigentlich immer deutlich über der für non-Hybride üblichen, möglichst tiefen Leerlaufdrehzahl. Mit entsprechendem Verbrauch pro Betriebsstunde. Kommen in der Stunde nur allzu wenige km zusammen (der Boardcomputer zeigt einem ja die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit an), so bleibt die Momentanverbrauchsanzeige eben auf Anschlag. Der obere Anschlag liegt ja auch für den 1800er sehr tief, bei 10l/100km.


Man muss sich bewusst sein, wie der HSD arbeitet: Da ist, vereinfacht gesagt, denn die 3. und 4. Generation haben noch eine Reduktion drin, der Verbrenner mit starr verbundenem MG1 als Planetenradträger, während sich die Räder (über ein Differential) und MG2 (über einen zweiten, nur der Übersetzung dienenden Planetenradsatz) die anderen beiden Teile des Planetengetriebes teilen. MG 2 dient bei Stillstehendem Verbrenner als alleiniger Antrieb. Dann nur vom Akku gespeist und bis zu einer Geschwindigkeit von knapp über 40km/h bei der dritten Generation. Läuft der Verbrenner, treibt einerseits, je nach dem, was die Steuerung befiehlt, MG2 weiter die Räder an, bistimmt über seine Drehzahl aber auch, wie viel Kraft der Verbrenner zuliefert. Dreht dann MG2 so schnell, dass sein Getriebeteil gleich schnell dreht, der von Verbrenner und MG1, so ist der ganze Planetensatz wie festgestellt, der Verbrenner treibt dann die Räder direkt an. Variiert man die Drehzahl des MG2, kann man auch alles dazwischen erreichen. Dreht man MG2 in entgegengesetzte Richtung, ist das der Rückwärtsgang.


Der Verbrenner kann so immer drehen, wenn er gebraucht wird. Er kann über MG1 auch nur den Akku laden. Daher braucht man keine sehr grosse Traktionsbatterie. Bekäme MG2 aber keinen Strom, so könnte der Verbrenner auch kein Drehmoment an die Räder liefern.


Der mit dem Verbrenner fest verbundene MG1 dagegen braucht Strom aus der Traktionsbatterie, um den Verbrenner anwerfen zu können. Als Generator arbeitet MG1 immer, sobald der Verbrenner läuft. Rekuperieren tut in der Regel MG2, und nur der. Erst, wenn man auf B schaltet, Werden sowohl MG2 als auch MG1 als Generatoren genutzt, bis der Akku ganz voll ist. Ist der Akku voll, wird die Drehzahl des im Schiebebetrieb mitgeschleppten Verbrenners erhöht, um einen Bremswiderstand zu erzeugen. MG1 und MG2 können dann ja nur noch so viel Strom erzeugen, wie momentan verbraucht wird. Wie wir wissen, muss MG2 ja immerhin auf passender Drehzahl gehalten werden, da ohne dass der Verbrenner nicht mitdrehen müsste. Er würde dann ohne Brennstoffzufuhr auf Drehzahl 0 gehen. Mehr geht dann nicht mehr, denn der Akku ist dann ja voll.


die Nutzung der Bremsstellung des Getriebes (B) ist übrigens die einzige Möglichkeit, den Akku ganz voll zu kriegen. Auf D wird immer eine Reserve an Kapazität offen gelassen, um elektrisch verzögern zu können. Das geht nur, wenn es einen Abnehmer für die erzeugte Energie gibt. Da keine Bremswiderstände da sind also nur, solange der Akku geladen werden kann. Deshalb bleiben im Normalbetrieb immer die obersten 2 Strich der Akkuanzeige weg. Das erhöht nebenbei die Anzahl der möglichen Akkuzyklen.


Im Gegenzug bleiben die untersten 2 Strich der Akkuanzeige immer vorhanden, denn der Akku darf nie leer sein, weil sonst MG1 den Verbrenner nicht mehr anwerfen könnte. Da erst ab der 4. Generation des Prius Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz kommen, und der NiMH-Fahrakku auch eine gewisse Selbstentladung hat, muss immer reichlich Ladung drin bleiben. Das Auto weiss ja schliesslich nie, ob es nur Minuten oder doch Monate Stillstehen wird, wenn es geparkt wird.


Noch was: Auf N wird die Traktionsbatterie nicht geladen. Wenn der Wagen also im Stand verwendet wird, dann nie auf N. Sonst ist irgendwann der Fahrakku leer und der Verbrenner würde dann nicht mehr anspringen. Bei Naviupdates, CD-einleseorgien, beim Telefonieren oder im Stau stehen also nie auf N schalten! Sicher ist sicher.


Zum Fahrakku: Ab dem Facelift gabs den Prius der 3. Generation als Plug-in-Hybrid. Der Akku ist dann wesentlich grösser, und dann auch ein Lithium-Ionen-Akku. Die Vollhybriden haben erst ab der 4. Generation Lithium-Akkus.


Bei den anderen Toyota-Hybriden weiss ich nicht mehr auswendig, welche welchen Akkutyp drin haben.


Das erklärt aber vielleicht, warum der Hybrid immer versucht, den Karren mit möglichst vollem Akku abzustellen: Je voller der Fahrakku ist, umso länger kann das Auto stehen gelassen werden, ehe die Selbstentladung des Fahrakkus problematisch würde bei der Wiederinbetriebnahme.


Der Warmlauf nach dem Start hat einen anderen Sinn: Einerseits liefert ein kalter Verbrenner keine Abwärme für die Heizung (um das ein wenig zu entschärfen, hat das Auto einen Abgaswärmetauscher. Der aber eben auch nicht ohne Abgas als Wärmequelle funktioniert. Andererseits kann der Hybrid ziehmlich gnadenlos den Verbrenner auf hohe Drehzahlen bringen; die einerseits weniger Sprit brauchen, wenn der Motor halbwegs warm ist, und die andererseits dann auch besser verträglich sind...
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Cuore L251 Bj 7/2003, Automatik: Ausrangiert, leider!

Citroen C1 Automatik BJ 2011:

Mofa: Dreirad auf Basis eines Amsler-Pony, Verbrauch Zweitaktgemisch: <3.5l/100km.

Das grosse Artensterben auf dieser Welt wird den Menschen erst bewusst werden, wenn schliesslich auch der Tiger im Tank ausstirbt.
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